Zeitmaschinen aus der Zukunft?

Derzeit sorgt ein amerikanischer Wissenschaftler mit der Schlagzeile, UFOs seien Zeitmaschinen aus der Zukunft, für Aufsehen. Es handelt sich dabei um Dr. Michael P. Masters, Professor an der Montana Tech-Universität. Im Rahmen seines Buches über UFOs hat er als Anthropologe Erzählungen über Aliens untersucht. Grundlage seiner Hypothese sei demnach die seiner Meinung nach häufig übereinstimmende Darstellung der Außerirdischen als uns ähnliche Humanoide, die zudem in unserer Sprache kommunizieren würden. Demzufolge liesen sich UFOs als Phänomen erklären, bei dem "unsere entfernten Verwandten in der Zeit zurückreisen, um uns in unserer evolutionären Entwicklung zu studieren", so Masters in einem Interview mit dem Sender kxlf.com.
Das lt. des deutschen Artikels in Arbeit befindliche Buch ist tatsächlich bereits fertiggestellt und über Amazon (USA) beziehbar. Es trägt den Titel "Identified Flying Objects: A Multidisciplinary Scientific Approach to the UFO Phenomenon". Was auf den ersten Blick verwirrend erscheint, stellen identifizierte Flugobjekte gemeinhin identifizierte UFO-Sichtungen mit natürlichem Urspung dar, ist auf den zweiten Blick, zumindest aus Sicht des Autors, konsequent, da als Zeitmaschinen betrachtete UFOs als solche identifiziert wären, ebenso wie außerirdische Raumschiffe genaugenommen keine UFOs im Sinne von unidentifiziert, sondern eben als Raumschiffe identifiziert wären.


Meckelburg_Besucher aus der Zukunft_CoverAuch wenn uns sein Buch derzeit nicht vorliegt, scheinen uns dennoch einige Anmerkungen angebracht. So erscheint die stellenweise als neu bezeichnete Theorie dem kundigen Forscher als durchaus nicht so neu. Auch wenn für die Anhänger einer hinter dem Phänomen steckenden fremden Intelligenz die These der außerirdischen Besucher als führend angesehen wird, so gab es schon in der Vergangenheit alternative Überlegungen, dass es auch Besucher aus (unserer) Zukunft sein könnten. Ein prominenter Vertreter im deutschsprachigen Raum war hierzu der inzwischen verstorbene Autor Ernst Meckelburg, der neben Büchern zu anderen grenzwissenschaftlichen Themen auch ein Buch über UFOs mit dem Titel "Besucher aus der Zukunft" (s. Cover-Abb.) schrieb, das eben jene These zum Inhalt hatte und bereits 1980 erschien. Dabei argumentierte er aber nicht aus einem anthropologischen Standpunkt heraus, sondern aus physikalisch-technischer Sicht, wie sich derartige Zeitreisen realisieren liesen. Letztlich führte diese These aber immer ein Nischendasein.

Ein inhaltlicher Kritikpunkt ergibt sich für uns aus der Annahme des Autors, dass Personen mit Nahbegegnungen bzw. Kontakten mit fremden Wesen diese immer in uns ähnlicher, humanoider Weise beschreiben würden. Als Anthropologe schließt er daraus auf eine evolutionäre Verwandtschaft mit uns als eine zukünftige From des Homo Sapiens. Betrachtet man oberflächlich aktuellere Erzählungen solcher Nahbegegnungen, so erscheint dies, aufgrund der häufig geschilderten humanoiden "Grauen", erstmal als durchaus nachvollziehbar.
Betrachtet man jedoch die gesamte UFO-Historie bzgl. geschilderter Nahbeobachtungen bzw. Erfahrungen seitens "Kontaktler" oder "Entführten", so ergibt sich schnell ein anderes und vor allem völlig uneinheitliches Bild in der Beschreibung fremder Wesen. Tatsächlich zeigen die Beschreibungen ein breites Panoptikum seltsamer Wesen in allen möglichen Formen, das sich zudem über die Jahrzehnte veränderte und immer auch ein Abbild des Zeitgeistes ist. Zudem hätten mehrere Fälle auf eine außerirdische Herkunft hingewiesen. Nicht zuletzt ist die Vielzahl an beobachteten, unterschiedlichen Formen der Wesen auch immer ein Kritikpunkt von Skeptikern, die dies als eher unwahrscheinlich einstufen.
Beispielhaft seien drei markante Beispiele genannt: Anfang der 1950er Jahre schlanke, hoch gewachsene, blondhaarige so genannte "Venusier", 1954 die haarigen Zwerge von Venezuela, 1955 die grünen Kobolde von Hopkinsville, oder 1974 die Pascagouala-Entführung mit großen, augenlosen roboterähnlichen Wesen mit sehr langen Armen und zweifingrigen Klauen (s. Abb. unten).



Eine chronologische Übersicht mit typischen Beschreibungen fremder Wesen über die Jahrzehnte findet sich auf der so genannten "Alien Timeline" des amerikanischen Forschers Joe Nickell, die die unterschiedlichen Typen beispielhaft zeigt (s.u.). Einen groben Überblick bietet auch der Blog "Blue Blurry Lines". Ebenso einen Blick dazu wert ist die Präsentation "UFO Occupants" auf SlideShare. Sehr plakativ in dem Zusammenhang waren auch die "UFO" Comic-Taschenbücher in den 1970er Jahren, die auf den US-amerikanischen Comics "UFO Flying Saucers" basierten und zeitgemäß die bis dahin bekanntesten Kontaktfälle und Nahbegegnungen comichaft illustrierten und wo man die typischen "Grauen" vergeblich sucht. Auch die angesprochene Kommunikation in "unserer Sprache" lässt sich daraus zumindest nicht als typisch ableiten. Sofern überhaupt eine Kommunikation stattfand, so soll diese vorzugsweise eher symbolisch mittels Zeichen oder telepathisch stattgefunden haben. Eine sprachlich verständliche Kommunikation war eher selten und gab es insbesondere bei den frühen Nahbegegnungen der so genannten "Kontaktler" der 1950er Jahre, als diese in deren Raumschiffen nach eigener Aussage mitfliegen durften.


Quelle: NUFOC


Strieber_Die Besucher_CoverDie heutzutage gerne zitierten, typischen "kleinen Grauen" kamen Ende der 1980er Jahre auf und werden seither auch medienseitig bevorzugt als Stereotyp zu dieser Thematik verbreitet. Maßgeblich wurde dies auch durch den amerikanischen Autor und behauptetem Entführungsopfer Whitley Strieber und sein Buch Communion (dt: Die Besucher) von 1988 beeinflusst, auf dessen Cover das markante Gesicht eines "grauen" Aliens mit den typischen schwarzen Augen prangt (s. Cover-Abb.). Dies zeigt aber auch ein zweites Problem in diesem Zusammenhang, nämlich die medienseitig beeinflusste Wiedergabe dessen, was die Erzählungen ursprünglich beeinhalteten, und eher einer Aufbereitung aus Marketinggründen gleicht, als der getreuen Wiedergabe der ursprünglichen Erzählung. Leider etwas, das uns auch bei der medienseitigen Wiedergabe von UFO-Sichtungen allgemein oft begegnet. So liegt eine Originalzeichnung von Strieber gegenüber dem schwedischen Forscher Clas Svahn von der AfU aus 1988 vor, das ein Alien zeigt, das deutlich von dem stereotypen Alienbild abweicht (behaart im Overall, s.u.). Ebenso zeigt sich dies bei dem bekannten Fall von Betty und Barney Hill von 1961, zu dem neuere Abbildungen in den Medien auch eher dem typischen "Grauen" gleichen, als den Originalzeichnungen, die sich zu Beginn selbst zwischen den beiden Beteiligten unterschieden (teilweise behaart, mit Mützen, s.u.). Hier kann man auch über eine gegenseitige Beeinflussung zwischen Medien und Beteiligten diskutieren.

Vergleich_Strieber_Hill_frühe zeichnungen

In jedem Fall zeigt sich, dass sich die Beschreibungen über die Zeit verändert haben. Seien es Humanoide, Monster, Roboter, Reptilienartige oder wie jetzt die kleinen Grauen. Letztlich neigen wir immer auch dazu, dem mehr Aufmerksamkeit zu schenken, was unseren Erwartungen und dem jeweiligen Zeitgeist entspricht. Diejenigen, die uns diese Erzählungen berichten, wie UFO-Untersucher oder Journalisten dienen hier auch als Filter und Redakteure dessen, was wir erwarten zu hören. Insofern böte die Frage der Beschreibungen fremder Wesen mehr Ansatzpunkte für eine soziologisch-kulturelle Betrachtung als für eine anthropologische.
Zumindest kann die Annahme der übereinstimmenden humanoiden Beschreibung fremder Wesen aus Nahbeobachtungen oder Kontakten in Zweifel gezogen werden, was die Frage aufwirft, ob der herangezogene und als gegeben angesehene Datenbestand auf Gütekritierien, wie Validität und Reliabilität, überprüft wurde und in sich so auch stimmig ist. Ganz abgesehen von der Frage der Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der Erzählungen sowie alternativer, auch psychologischer, Erkärungshypothesen.

Eine andere Diskussion bietet die Frage, inwieweit ein uns ähnliches humanoides Aussehen fremder Wesen für Außerirdische eher unwahrscheinlich wäre. Hierzu gibt es unter Wissenschaftlern eine breite Diskussion und unterschiedliche Ansichten. Immerhin erscheint für eine uns vergleichbare technische Zivilisation, die von einem erdähnlichen Planeten stammt und Raumfahrt betreibt, eine humanoide Grundform als durchaus wahrscheinlich, basierend auf der Theorie der konvergenten Evolution. Demnach würde die Evolution unter vergleichbaren (Umwelt-)Bedingungen auch vergleichbare Ergebnisse hervorbringen.

Quellen/Links:
Sind Aliens Beobachter aus der Zukunft? Dieser Professor hält Ufos für Zeitmaschinen
MT Tech professor claims UFOs are time machines from future
Identified Flying Objects: A Multidisciplinary Scientific Approach to the UFO Phenomenon
UFOs and Alien Monsters from Outer Space
UFO Occupants
UFO Flying Saucers Comics
Baupläne - Wie sehen Außerirdische auf einem Erdzwilling aus?

Fotos ohne Quellenangaben entstammen dem eigenen Archiv.