Die Veröffentlichung des UAP-Berichts des Pentagons im Juni 2021 rückte erneut die Frage in den Vordergrund, wie dies andere Länder handhaben. Nicht alle führen derartige oder vergleichbare Projekte durch oder haben dies in der Vergangenheit getan, bzw. falls doch, mit unterschiedlichen Ergebnissen und Aussagen. Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Berichts gab es im Oberhaus des britischen Parlaments ("House of Lords") eine UFO-Debatte mit Fragen, die sich konkret auf den Pentagon-Bericht bezogen. Für das Verteidigungsministerium nahm Minister of State (etwa vergleichbar mit einem Staatssekretär hier) Baroness Goldie dazu Stellung. Die Debatte enthält mehrere interessante Aussagen, die einen durchweg sachlichen und rationalen Umgang mit dem Thema dokumentieren und es unserer Ansicht nach auch realistisch reflektieren.
Wir möchten hier einige Auszüge aus der kurzen Debatte wiedergeben. Das Protokoll ist öffentlich auf der Webseite des Parlaments einsehbar.
Eingangs wird die Frage gestellt, wie die Regierung den Bericht bewertet und welche Daten sie über Sichtungen unidentifizierter Flugobjekte im Vereinigten Königreich besitzt. Baroness Goldie antwortet darauf, dass das Verteidigungsministerium den Inhalt des Berichts zur Kenntnis nimmt und weiter:
Dem Ministerium liegen keine Berichte über unidentifizierte Luftphänomene vor, es überwacht jedoch ständig den britischen Luftraum, um jede glaubwürdige Bedrohung seiner Integrität zu erkennen und darauf zu reagieren, und es vertraut auf die bestehenden Maßnahmen zu seinem Schutz.
Auf Nachfrage ergänzt sie, dass das Ministerium sich mit tatsächlichen Bedrohungen befasst, sofern sie durch Beweise belegt sind.
Ein weiteres Mitglied wendet daraufhin zutreffend ein, dass unidentifziert nicht seltsam bedeutet und bringt es auf den Punkt:
Die Vorstellung, dass es im Zeitalter von Handykameras, Drohnen und häufigen Reisen möglicherweise außerirdische Raumschiffe geben könnte, die regelmäßig unbemerkt in unserer Atmosphäre herumschwirren, ist nicht sehr plausibel. Es ist viel wahrscheinlicher, dass diese verschwommenen Bilder langweilige Erklärungen haben, leider.
Ein prinzipieller Einwand, der von kritischen Forschern geteilt wird. Sollten außerirdische Besucher in der von vielen Ufologen geäußerten Weise hier wiederholt und andauernd präsent sein, mit angeblich verlässlichen Beweisen, dann wäre dies auch für jedermann offensichtlich, vorausgesetzt, die Außerirdischen würden wollen, dass wir Kenntnis davon erlangen. Sollten sie dies jedoch nicht wollen, dann würden wir sie vermutlich auch nicht wahrnehmen, da es einer fortgeschrittenen Zivilisation sicherlich möglich wäre, über Fernerkundungssensoren oder Minidrohnen (Nanosonden) genügend Informationen einzuholen, ohne risikoreich in größeren Fluggeräten, noch dazu mit Positionslichtern oder gar Scheinwerfern, über bewohnte oder gar militärische Gebiete zu manövrieren.
Wie vielfach bekannt sein dürfte, hat das britische Verteidigungsministerium vor längerer Zeit selber Berichte über UFO-Beobachtungen gesammelt. Diese Aktivitäten wurden mit der Veröffentlichung dieser Dokumente Ende der 2000er Jahre eingestellt. Im weiteren Verlauf der Debatte werden die damaligen Schlussfolgerungen aus dem Jahr 2009 dazu zitiert:
"In mehr als 50 Jahren hat keine UFO-Sichtung ... auf eine militärische Bedrohung des Vereinigten Königreichs hingedeutet; es gibt keinen verteidigungspolitischen Nutzen, ... UFO-Sichtungen aufzuzeichnen, zusammenzustellen, zu analysieren oder zu untersuchen"
und
"Der Umfang der für diese Aufgabe aufgewendeten Ressourcen ... lenkt das Personal von wertvolleren verteidigungsbezogenen Aktivitäten ab",
und es wird gefragt, ob der aktuelle UAP-Bericht irgendwelche Beweise enthüllt, die eine Überprüfung der damaligen Schlussfolgerung rechtfertigen würde.
Baroness Goldie verwies auf ihre vorherige Äußerung, dass man sich mit konkreten, belegten Bedrohungen befassen würde und bestätigte die Richtigkleit der Schließung der damaligen UFO-Abteilung:
Ich kann bestätigen, dass die Abteilung keine Berichte über unidentifizierte Luftphänomene besitzt und dass alles relevante Material, das von der UFO-Abteilung erstellt und aufbewahrt wurde, an das Nationalarchiv übergeben wurde.
Ein weiteres Mitglied des Oberhauses hakt bzgl. der Feststellung im Pentagon-Bericht, dass unidentifizierte Luftphänomenee eine ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit darstellen würden, nach und fragt, inwieweit auch das Vereinigte Königreich von einer solchen Bedrohung betrofffen ist, und an wen entsprechende Sichtungsberichte gemeldet werden sollen, nachdem die frühere UFO-Abteilung geschlossen wurde.
Baroness Goldie verwies hierbei auf den bereits erwähnten Umgang mit potentiellen Bedrohungen, und dass sie gut gerüstet seien, damit umzugehen und betont:
Wir sind jedoch der Ansicht, dass Bedrohungen überhaupt erst einmal existieren und durch Beweise untermauert werden müssen, denn wir müssen wissen, womit wir es zu tun haben und wie wir am besten darauf reagieren können. Die Einschätzung der USA ist uns natürlich bekannt. Das Verteidigungsministerium hat nicht vor, einen eigenen Bericht über die UAP zu erstellen, da in über 50 Jahren kein einziger solcher Bericht auf eine militärische Bedrohung des Vereinigten Königreichs hinwies.
Den wiederholten Hinweis, dass Bedrohungen, egal welcher Art, konkret belegt sein müssen, um zu wissen, womit man es zu tun hat und wie man darauf am besten reagiert, halten wir für absolut treffend, bevor man, wie das gerade angesichts des Pentagon-Berichts derzeit gern getan wird, wild drauflos spekuliert.
In ähnlicher Weise wird dann auch die weitere Frage, wie ernst die britische Regierung UFOs im Licht des Berichts nimmt, beantwortet: Die kurze Antwort lautet: "'sehr ernst' - in Bezug auf den Umgang mit Bedrohungen, wenn diese Bedrohungen identifizierbar sind und nachgewiesen werden können."
Es wird dann auch die Frage gestellt, ob das Radioteleskop des Parkes-Observatoriums in Australien, das zu den größten in der südlichen Hemisphäre gehört, einen unterstützenden Beitrag bei der Verarbeitung und Überwachung unidentifizierter Sichtungen leisten könne, woraufhin seitens des Verteidigungsministeriums auf die vorhandene, ausgefeilte, elektronische Überwachung hingewiesen wird, sowie:
Außerdem gibt es die zusätzliche Unterstützung der visuellen Identifizierung, wenn dies als notwendig erachtet wird, durch die Auslösung einer schnellen Reaktion unserer Typhoons, die in der Lage sind, eine visuelle Untersuchung vorzunehmen, wenn es irgendeinen Zweifel über die Art oder den Charakter einer angeblichen Bedrohung gibt.
Eine letzte Frage bezieht sich auf das starke Interesse und das Echo, das der Pentagon-Bericht rund um die Welt ausgelöst hat und inwiefern dies nunmehr ähnliche Pläne seitens der britischen Regierung hervorruft, ähnliche Sichtungen zusammenzufassen, das von Baroness Goldie recht eindeutig beantwortet wird:
Wie ich bereits angedeutet habe, haben wir keine Meinung über die Existenz außerirdischen Lebens, und wir gehen Berichten über Sichtungen von unidentifizierten Luftphänomenen nicht mehr nach. Wir haben nicht vor, einen eigenen Bericht über UAP zu erstellen, denn in über 50 Jahren hat keine derartige Meldung auf eine militärische Bedrohung des Vereinigten Königreichs hingewiesen.
Damit schließt die Debatte um dieses Thema. Natürlich beantwortet diese Debatte, ebensowenig wie die Schlussfolgerungen der früheren UFO-Abteilung, nicht die Frage nach der Existenz unidentifizierter Sichtungen sowie dessen Beurteilung. Wie Kollege Hans-Werner Peiniger von der GEP mal dazu äußerte, weichen die veröffentlichten UFO-Akten nicht wesentlich von dem Sichtungsspektrum ab, was die privaten UFO-Organisationen in ihrer alltäglichen Arbeit gemeldet bekommen. Im Kern ist es schlüssig, dass das vorrangige Interessse der Frage galt und gilt, inwieweit es irgendwelche fremde, gesteuerte Flugobjekte gibt, die eine Gefahr für die nationale bzw. militärische Sicherheit darstellen, was offenbar jedoch nicht der Fall ist.
Interessant sind neben den Äußerungen aus aktuellem Anlass auch die zitierten Schlussfolgerungen aus der Arbeit der früheren UFO-Abteilung, mit dem damaligen Hinweis, dass die notwendigen Ressourcen für den Betrieb einer solchen Abteilung zur Aufzeichnung, Zusammenstellung, Analyse oder Untersuchung von UFO-Sichtungen das Personal von eigentlich sinnvolleren Verteidigungsaufgaben abhalten.
Von den Äußerungen und Stellungnahmen her ein Kontrast zu dem, was der britische Ufologe Nick Pope wiederholt äußert, der auch von einem früheren "UFO-Projekt" der britischen Regierung spricht, das er geleitet haben will, was beides nicht richtig ist. Als Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums war er damals drei Jahre für eingehende UFO-Berichte und damit zusammenhängende öffentliche Korresprondenz zuständig, was aber auch nur ein kleiner Teil seines Aufgabenbereichs war (Siehe hierzu Blogbeitrag von David Clarke).
Nachfolgend sehen Sie Screenshots aus der Webseite der UFO-Debatte sowie von Nick Pope ergänzend gepostete Unterlagen aus einem Briefing dazu, mit einer Zusammenfassung.