Am 09. Juni gab die NASA in einer Presseerklärung die Einrichtung einer Arbeitsgruppe bekannt, die ab dem Herbst diesen Jahres unidentifizierte Luftraumphänomene “… die nicht als Flugzeuge oder bekannte Naturphänomene identifiziert werden können - aus wissenschaftlicher Sicht…” untersuchen soll. Die entsprechende Studie soll über einen Zeitraum von etwa 9 Monaten laufen. Der Schwerpunkt der Studie liegt dabei auf der “... Ermittlung verfügbarer Daten, [der] Frage, wie künftige Daten am besten erhoben werden können, und [der] Frage, wie die NASA diese Daten nutzen kann, um das wissenschaftliche Verständnis von UAPs voranzubringen.”. In Betracht kommen Daten “… von Zivilisten, Behörden, gemeinnützigen Organisationen und Unternehmen...”.
Was und in welchem Umfang die Datenlage für wissenschaftliche Aussagen hergibt, ist aber fraglich, zumindest was naturwissenschaftliche Schlussfolgerungen angeht. Die aus jahrzehntelanger (auch privater) UFO-Forschung vorliegende, vorwiegend anekdotische, Datenlage ist dafür eher dünn, was im Grunde der UAP-Bericht des Pentagons, wenn man ihn genau liest, auch bestätigt. Insofern dürften sich auch die eigenen gesammelten Daten der UAP Task Force davon nicht grundlegend unterscheiden. Daran ändern offenbar auch die mittlerweile an die 400 weiteren gesammelten UFO-Sichtungen nichts, wie sich dem UAP-Hearing dazu entnehmen lässt. Auch das bislang zumindest öffentlich bekannt gewordene Bildmaterial hat noch niemanden vom Hocker gerissen und ist eher unspektakulär ohne Aussagekraft.
Die NASA hebt zu recht die Schwierigkeit hervor, wissenschaftliche Schlussfolgerungen über die Natur solcher Ereignisse zu ziehen und erwähnt das Interesse an nicht identifizierten Luftphänomenen aus Gründen der nationalen und der Flugsicherheit. Dazu heißt es: “Die Feststellung, welche Ereignisse natürlich sind, ist ein erster wichtiger Schritt zur Identifizierung oder Eindämmung solcher Phänomene, was einem der Ziele der NASA entspricht, die Sicherheit von Flugzeugen zu gewährleisten. Es gibt keinen Beweis dafür, dass UAPs außerirdischen Ursprungs sind.”. Es geht also nicht um eine "UFO-Jagd" und der letzte Satz verdeutlicht die bekannte Sachlage.
Geleitet wird das Studienteam vom Astrophysiker David Spergel, Präsident der Simons Foundation in New York City. Verantwortlich für die Durchführung der Studie wird Daniel Evans sein, Assistant Deputy Associate Administrator für Forschung im Science Mission Directorate der NASA. Einbeziehen will man Experten aus Wissenschaft, Luftfahrt und der Datenanalyse. Das Studienteam wird unabhängig agieren und ist kein Teil der UAP Task Force des Pentagons bzw. dessen Nachfolger AOIMSG. Der zu erstellende Bericht und sämtliche Daten sollen vollumfänglich veröffentlicht werden. Insofern werden wir kommenden Jahres nach dem Ende der Studie auch einen umfassenden Einblick bekommen. Erfreulich ist die überschaubare Laufzeit, was auf eine effektive Projektarbeit hoffen lässt.
Die NASA bemüht in ihrer Pressemitteilung, wie schon das Pentagon davor, das Narrativ einer möglichen Beeinträchtigung der nationalen Sicherheit und der Flugsicherheit im Zusammenhang mit UAP. Wie auch diverse andere Kollegen dazu schon anmerkten, ist es schon etwas seltsam, dass gerade die mächtigste Nation der Erde auch nach 75 Jahren UFOs, mit tausenden Sichtungen und angeblich mehrfach gelandeter Außerirdischer, noch immer nicht weiß, ob UFOs nun eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen oder nicht. Immerhin hat der Condon Report dies 1969 noch verneint, ebenso wie die europäischen Länder, die in der Vergangenheit solche Studien durchgeführt und mittlerweile geschlossen haben. Mit am deutlichsten hat sich hier die britische Regierung geäußert, die ihre Angestellten lieber für sinnvolle Tätigkeiten einsetzen will, als hierfür Geld auszugeben. Dass sich unter manchen Sichtungen, insbesondere in der Nähe militärischer Anlagen, auch fremde Spionageaktivitäten unter Drohneneinsatz verbergen dürften, ist anzunehmen, und liegt selbstverständlich im eigenen Sicherheitsinteresse. Ob die UAP-Studie der NASA hierzu Aufklärung bringt, wird sich zeigen.
Auch muss man sich zur Flugsicherheit die Frage stellen, wie viele sicherheitsrelevante Zwischenfälle mit einer konkreten Gefährdung es in der etwa 120jährigen Geschichte der militärischen und zivilen Luftfahrt bei Hunderten von Millionen Flügen mit unidentifizierten Flugobjekten gab. Ist es da rational, nach einem Luftfahrtrisiko durch UAP zu fragen? Zu diesem Punkt werden gerne Fallkataloge, wie der berühmte Weinstein-Katalog mit Pilotensichtungen, der mit Stand 2001 über 1300 Vorfälle listet, als Begründung herangezogen. Sein Problem, wie das vieler anderer Fallkataloge auch, ist die reine Sammlung von Sichtungsberichten, noch dazu aus ganz unterschiedlichen Quellen. Besagter Katalog enthält auch nur knappe Angaben, so dass sich daraus keine Schlussfolgerungen über Art und Hintergrund der Sichtungen ableiten lassen, ohne die Originalquellen einzusehen. Dass sich auch hier mehrfach herkömmliche Objekte und Phänomene verbergen, zeigen die Recherchen einzelner Fälle aus dem Katalog bspw. durch Tim Printy in seinem Magazin SUNlite, unter der Rubrik "Weeding out The Weinstein catalog". Dass es Flugsicherheitsrisiken bspw. durch herumfliegende Ballons und Drohnen gibt, steht außer Frage und bereits nach wenigen Jahren hat man dies bei Drohnen erkannt, und in den USA dokumentiert die amerikanische Flugsicherheitsbehörde seit Jahren die Vorfälle mit bzw. Risiken seitens unbemannter Luftfahrzeuge (UAV/UAS).
In der Pressemitteilung verlinkt ist ein knapp 50minütiges Audio zur Pressekonferenz, zu der es auch eine Fragerunde gab. Hieraus lässt sich auch die Info entnehmen, dass das Budget keine 100.000 USD beträgt, was relativ wenig erscheint. Großangelegte Untersuchungen dürften da nicht möglich sein, steht aber offenbar auch nicht im Fokus, eher eine Art Metaanalyse der vorhandenen Daten. Aber das werden wir sehen, wenn der Bericht nächstes Jahr erscheint. Insgesamt liest sich die Mitteilung sachlich und unaufgeregt und wie immer sind wir auch hier auf die Ergebnisse gespannt. Die Ankündigung der völligen Transparenz ist auf jeden Fall positiv zu bewerten.
Nachfolgend eine auszugsweise deutsche Übersetzung der Pressemitteilung (Hervorhebungen durch uns):
NASA richtet unabhängige Studie über unidentifizierte Luftverkehrsphänomene ein
Die NASA beauftragt ein Studienteam, das im Frühherbst damit beginnen soll, unidentifizierte Luftphänomene (UAPs) - d. h. Beobachtungen von Ereignissen am Himmel, die nicht als Flugzeuge oder bekannte Naturphänomene identifiziert werden können - aus wissenschaftlicher Sicht zu untersuchen. Die Studie wird sich darauf konzentrieren, verfügbare Daten zu ermitteln, wie künftige Daten am besten gesammelt werden können und wie die NASA diese Daten nutzen kann, um das wissenschaftliche Verständnis von UAPs voranzubringen.
Die begrenzte Anzahl von Beobachtungen von UAPs macht es derzeit schwierig, wissenschaftliche Schlussfolgerungen über die Natur solcher Ereignisse zu ziehen. Nicht identifizierte Phänomene in der Atmosphäre sind sowohl für die nationale Sicherheit als auch für die Flugsicherheit von Interesse. Die Feststellung, welche Ereignisse natürlich sind, ist ein wichtiger erster Schritt zur Identifizierung oder Abschwächung solcher Phänomene, was einem der Ziele der NASA entspricht, die Sicherheit von Flugzeugen zu gewährleisten. Es gibt keinen Beweis dafür, dass UAPs außerirdischen Ursprungs sind.
"Die NASA ist davon überzeugt, dass die Werkzeuge der wissenschaftlichen Entdeckung mächtig sind und auch hier Anwendung finden", sagte Thomas Zurbuchen, der stellvertretende Verwalter für Wissenschaft im NASA-Hauptquartier in Washington. "Wir haben Zugang zu einer breiten Palette von Beobachtungen der Erde aus dem Weltraum - und das ist das Lebenselixier der wissenschaftlichen Forschung. Wir haben die Werkzeuge und das Team, das uns helfen kann, das Unbekannte besser zu verstehen. Das ist die eigentliche Definition von Wissenschaft. Das ist es, was wir tun."Die Behörde ist nicht Teil der Unidentified Aerial Phenomena Task Force des Verteidigungsministeriums oder deren Nachfolger, der Airborne Object Identification and Management Synchronization Group. Die NASA hat sich jedoch innerhalb der Regierung umfassend darüber abgestimmt, wie die Instrumente der Wissenschaft eingesetzt werden können, um Licht in die Natur und den Ursprung unidentifizierter Luftphänomene zu bringen.
Das unabhängige Studienteam der Behörde wird von dem Astrophysiker David Spergel geleitet, der Präsident der Simons Foundation in New York City ist und zuvor den Lehrstuhl für Astrophysik an der Princeton University in Princeton, New Jersey, innehatte. Daniel Evans, stellvertretender stellvertretender stellvertretender Verwalter für Forschung im Science Mission Directorate der NASA, wird als NASA-Beamter für die Durchführung der Studie verantwortlich sein.
"Angesichts der geringen Anzahl von Beobachtungen besteht unsere erste Aufgabe einfach darin, so viele zuverlässige Daten wie möglich zu sammeln", so Spergel. "Wir werden herausfinden, welche Daten - von Zivilisten, Behörden, gemeinnützigen Organisationen und Unternehmen - es gibt, was wir noch sammeln sollten und wie wir sie am besten analysieren können.
Es wird erwartet, dass die Studie etwa neun Monate in Anspruch nehmen wird. Sie wird sich den Rat von Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Luftfahrt und Datenanalyse einholen, um herauszufinden, wie man am besten neue Daten sammeln und die Beobachtung von UAPs verbessern kann."Im Einklang mit den NASA-Grundsätzen der Offenheit, Transparenz und wissenschaftlichen Integrität wird dieser Bericht öffentlich zugänglich gemacht", sagte Evans. "Alle Daten der NASA stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung - wir nehmen diese Verpflichtung ernst - und wir machen sie für jedermann leicht zugänglich, um sie zu sehen oder zu studieren."
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Update:
Im Zuge dieser Bekanntgabe äußerte sich der Generaldirektor der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, in einer von TASS verbreiteten aktuellen Pressemitteilung zum Thema UFOs, wonach sich die Russische Akademie der Wissenschaften seit langem mit der Untersuchung des UFO-Phänomens beschäftigt und 99,9 % der gemeldeten Sichtungen auf herkömmliche Phänomene zurückgehen würden und nichts mit Außerirdischen zu tun hätten. Dass sich die Russische (früher Sowjetische) Akademie der Wissenschaften auch schon mit UFOs beschäftigt hat, ist aus veröffentlichten Akten bekannt, die denen von Blue Book nicht unähnlich sind. Inwieweit es tatsächlich eine aktuelle UFO-Studie gibt, ist fraglich. Daneben gab es vielfach diverse Behauptungen, die manche Mythen aus den Staaten reflektierten, wie Ähnlichkeiten zum Roswell-Absturz. Öffentliche Äußerungen gab es vorwiegend von einzelnen (ehemaligen) Angehörigen der Akademie.
Auszugsweise Übersetzung der Pressemitteilung auf LENTA.RU:
Fachleute der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAS) befassen sich seit langem mit der Untersuchung von Phänomenen im Zusammenhang mit unidentifizierten Flugobjekten (UFOs). Dies sagte Roscosmos-Chef Dmitri Rogosin. Die Erklärung des Leiters des staatlichen Unternehmens wird von TASS gemeldet.
"Wenn wir über konkrete Fakten sprechen, die sich vielleicht in der Geschichte der Menschheit auf der Erde ereignet haben, die so genannten UFOs, von denen die NASA spricht, möchte ich sagen, dass diese Studien an unserer [russischen] Akademie der Wissenschaften durchgeführt wurden und werden, einschließlich der Sammlung von Fakten, die überprüft werden", sagte der Generaldirektor.
Im zufolge seien 99,9 Prozent der UFOs atmosphärische oder physikalische Phänomene, die nichts mit der Hypothese eines außerirdischen Ursprungs der unidentifizierten Flugobjekte zu tun hätten. "Aber wir räumen ein, dass diese Art von Phänomenen aufgetreten sein könnte", sagte er.
Der russische UFO-Forscher und EuroUFO-Kollege Mikhail Gershtein hält die Aussagen Rogosins für wenig seriös, da er schon des öfteren recht wilde Behauptungen aufgestellt hat. Hier die komplette Pressemitteilung von Rogosin, wie sie Gershtein zur Kenntnis gab:
Wir verstehen, dass, wenn der Raum unendlich ist und eine unendliche Anzahl von Universen existiert, wir die Theorie des Urknalls kennen, aber vielleicht fand dieser Urknall nur in dem für uns sichtbaren Raum statt, und dann können wir nicht erkennen, dass es vielleicht viele solcher Universen gibt. Dies deutet darauf hin, dass es unzählige Faktoren geben könnte, die das Auftreten von Leben, einschließlich intelligentem Leben, begünstigen könnten. Ich betrachte mich selbst als einen der Befürworter dieser Auffassung.
Wenn wir über konkrete Fakten sprechen, die so genannten UFOs, von denen die NASA spricht, möchte ich sagen, dass diese Studien an unserer Akademie der Wissenschaften durchgeführt wurden und werden, einschließlich der Sammlung von Fakten, die überprüft werden. Ich kann sagen, dass es sich bei 99,9 % der UFOs um atmosphärische oder andere physikalische Phänomene handelt, die nichts mit der tatsächlichen Hypothese eines außerirdischen Ursprungs des Auftretens von UFOs zu tun haben. Aber wir geben zu, dass solche Phänomene vorkommen können. Ich bin persönlich mit den Aussagen von Testpiloten der UdSSR vertraut, die in den 70er Jahren beim ersten Start neuer Flugzeuge damit konfrontiert wurden und nach dem Flug Notizpapier nahmen und skizzierten, was sie sahen. In der Regel trat das, worüber wir sprechen, während des ersten Testflugs auf. Ich habe mit der NASA gesprochen, dort gibt es auch Befürworter, dass wir vielleicht das Objekt außerirdischer Überwachung sind. Ich würde das gerne glauben.
Vielleicht reichen unsere Technologien und unser wissenschaftliches Verständnis nicht aus, um dies vollständig zu erkennen. Um zu verstehen, ob es neben uns noch anderes Leben gibt. Und verfügt dieses andere Leben über ein höheres technologisches Niveau, das es ihm erlaubt, unseren Planeten, unsere Zivilisation durch ein Vergrößerungsglas zu betrachten, ohne seine weitere Entwicklung zu behindern? Wir sind nicht die einzigen, die Mikroben untersuchen können, und wir können wie Mikroben untersucht werden.
Quellen:
NASA
LENTA.RU
Mail des russischen UFO-Forschers Mikhail Gershtein auf EuroUFO.net