Das in Anlehnung an den Animationsfilm "Ab durch die Hecke" als "Steve" getaufte Leuchtphänomen am Nachthimmel, das bereits letztes Jahr für Aufsehen sorgte (wir berichteten), gibt weiterhin Rätsel auf. Offenbar handelt es sich dabei doch nicht, wie zuerst gemutmaßt, um eine Polarlicht-Variante. Neue Satellitendaten zeigen, dass das Aufleuchten dieser rötlichen Lichtstreifen nicht von den sonst üblichen Teilchenströmen in der oberen Atmosphäre begleitet wird. Was dieses atmosphärische Leuchten stattdessen auslöst, bleibt aber weiterhin unbekannt. Forscher spekulieren nun darüber, ob es sich um eine Variante des "Airglow" (deutsch: Nachthimmellicht) handeln könnte, oder um etwas noch völlig Unbekanntes.
Rötlicher Lichtstreifen des Steve-Phänomens über Kanada, rechts am Horizont das ferne Leuchten eines normalen Polarlichts (c Ryan Sault)
Bereits vor einigen Jahren konnte das ungewöhnliches Himmelsphänomen fotografisch dokumentiert werden: Ein schmaler und tausende von Kilometern langer Streifen aus rötlichem Licht, der sich vom Horizont quer über den Himmel erstreckte und sich dabei langsam nach Westen bewegte. Seltsam ist dabei, dass Polarlichter meist nur polwärts des 65. Breitengrads, diese Lichtbögen jedoch außerhalb des bekannten Polarlicht-Ovals auftreten. Zuletzt glaubten Forscher dann, das Rätsel von Steve zumindest zum Teil gelöst zu haben, da Steve Merkmale eines Auroraphänomens zeigte, das als subaurorale Ionendrift bezeichnet wird.
Jetzt jedoch haben Bea Gallardo-Lacourt und ihr Team von der University of Calgary weitere Daten zu Steve analysiert und kommen zu einem ganz anderen Schluss. Anstoß dafür war ein weiteres glückliches Zusammentreffen von Satellitenüberflug und Steve-Lichtbogen. Am 28. März 2008 kreuzte ein Wettersatellit ein gerade auftretendes Steve-Ereignis und konte dabei Messungen in der oberen Atmosphäre vornehmen. Das überraschende Ergebnis war, dass die bisherige Interpretation des Phänomens als Polarlichtvariante den neuen Messungen widersprach. Als Schlussfolgerung ergibt sich für das Forscherteam, dass Steve keine Aurora ist und derzeit somit kaum etwas über das neuartige Phänomen bekannt ist, obwohl es bereits seit Jahren fotografisch festgehalten wird.
Somit können die Wissenschaftler derzeit nur über die Entstehung spekulieren. Eine der diskutierten Möglichkeiten ist eine noch unbekannte Variante des "Airglow", auf Deutsch "Nachthimmellicht". "Dies ist eine Emission von Licht, die durch chemische Reaktionen der solaren UV-Strahlung mit den Atomen und Molekülen der oberen Atmosphäre entsteht", so das Forscherteam. Allerdings ist noch nicht einmal klar, ob das Phänomen in der Ionosphäre oder der Magnetospäre entsteht, so dass das Phänomen erstmal weiterhin rätselhaft ist.
Auch wenn derartige Himmelsphänomene eher selten zu UFO-Sichtungsmeldungen führen, was aber dennoch auch vorkommt, so ergibt sich der Bezug zum UFO-Phänomen aus der grundsätzlichen Diskussion bislang unbekannter atmosphärischer Phänomene, die sich auch im alternativen UAP-Begriff (Unidentified Aerial Phenomena) wiederfinden. Jenseits des vorherrschenden typischen Klischees der gesteuerten (außerirdischen) Flugobjekte versuchen verschiedene Forscher den Fokus auch auf andere neuartige, naturbezogene Phänomene bzw. so genannte "Anomalous Light Phenomena" zu lenken. Auch für das Hessdalen-Lichter-Phänomen steht ein solcher Hintergrund in der Diskussion.
Links:
Ist Steve doch keine Aurora? (scinexx.de)
Neue Polarlichtart entdeckt (scinexx.de)
Geophysical Research Letters, 2018
Alberta Aurora Chasers
Steve Fotogalerie