Am 02. November 2019 fand in Kassel die nach 2017 zweite Tagung im Rahmen der "Deutschen Kooperationsinitiative UFO-Forschung" statt. Diese Kooperationsinitiative wird von drei deutschen UFO-Gruppen (DEGUFO, GEP und MUFON-CES) getragen, wobei die DEGUFO sich dieses Jahr nicht an der Veranstaltung beteiligte und auch nicht vertreten war. Die Teilnehmerzahl lag mit um die 40 in etwa der Höhe der vorigen 2017 bei Fulda. Für diese Form der Tagung, auch verglichen mit früheren, ähnlichen Tagungen, ist dies ein guter Wert.
Los ging es mit einer Vorstellung der beiden beteiligten Gruppen, deren Arbeit und Schwerpunkte, durch Hans-Werner Peiniger für die GEP (Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens e.V., Lüdenscheid) und Jörg Kiefer für die MUFON-CES (Mutual UFO Network - Central European Section e.V., München), beide jeweils Vorsitzende ihrer Vereine. Insbesondere die Vorstellung der GEP war recht ausführlich und zeigte die Entwicklung vom anfänglichen UFO-Jugendclub zur "Erforschung außerirdischer Weltraumschiffe" hin zu einem eher kritisch eingestellten Forschungsverein, der die Außerirdischen-Hypothese nicht (mehr) als Prämisse ansieht. Hervorgehoben wurde dabei auch die Durchführung grundlegender Wahrnehmungsexperimente zum besseren Verständnis dessen, wie Menschen Dinge sehen und beschreiben. Eine Zusammenstellung dieser Experimente gibt es auch auf unserer Seite zum Download. Für die MUFON-CES zeigte Kiefer deren Schwerpunkt auf der instrumentellen UFO-Forschung auf.
En solcher Vorstellungsblock ist eine Möglichkeit, den Teilnehmern Informationen zu den Beteiligten zu vermitteln. Alternativ könnte man eine Vorstellung über den Veranstalter bzw. die Beteiligten und Referenten auch in einem Infoblatt aufnehmen, das alle Teilnehmer vorab erhalten und wie es auf vielen Konferenzen mittlerweile auch üblich ist. So ließen sich mehr fachbezogene Vorträge einplanen. Dennoch war dieser Block ein guter Einstieg in die Tagung.
Nach der ersten Kaffepause standen verschiedenste Sichtungsberichte im Fokus der folgenden Vorträge. Den Anfang machte eine umfassende Fallermittlung aus dem Kanton Obernai/Elsass von Natale Guido Cincinnati (GEP) zu mehreren Einzelsichtungen, dessen, aus Deutschland stammende und mittlerweile im Elsass lebende, Zeugin auch persönlich auf der Tagung anwesend war. Gegenstand der Ermittlungen waren fünf völlig unterschiedliche Ereignisse, die von der Zeugin beobachtet wurden. Die ersten drei Fälle liegen schon länger zurück und stammen aus dem Jahr 2007, die beiden letzten sind aktueller und stammen aus den Jahren 2017 und 2018. An dieser Stelle möchte ich die Fälle kurz skizzieren:
1. Fall: Eine Tagsichtung während einer Autofahrt auf der Autobahn nahe Straßburg. Etwa 10 Minuten Beobachtung eines sich parallel zur Autobahn bewegenden Objekts durch das Beifahrerfenster. Das Objekt wurde auch von anderen Autofahrern gesehen und es erschien dann auch ein Zeitungsbericht dazu. Das Objekt soll eine typische Untertassenform gehabt haben.
2. Fall: Längere Beobachtung von 6 Leuchtkugeln die optisch gesehen über einem Baum kreisten und mehrere Farben aufwiesen. Untersucher und Zeugin sehen die Entfernung zum Baum (ca. 60 Meter) als Referenz für die Entfernung der Objekte. Ein Lichteffektgerät wurde aufgrund des ländlichen Gebietes und mangels Besiedlung in Blickrichtung ausgeschlossen.
3. Fall: Ein etwas skurriler Vorfall, der der Art nach eher nichts mit UFOs an sich zu tun hat, aber durch die zuvor stattgefundene Beobachtung mit einbezogen wurde. Die Zeugin berichtete dazu von Stimmen vor dem Haus, die sie nicht zuordnen konnte, einem blauen Lichtstrahl in der Wohnung, trotz fehlender Fenster an dieser Stelle, einem plötzlichen transformatorenähnlichem Geräusch und den vergeblichen Versuch, ihren Mann zu wecken, der zudem noch plötzlich quer, im Gegensatz zu vorher, im Bett lag. Der Mann wachte am nächsten Morgen ganz normal auf, ohne jegliche Erinnerung an irgendetwas in der Nacht.
4. Fall: Acht Lichtphänomene, die in linearer Formation als weiße Linien am Himmel flogen, eine Kehrtwende vollzogen, ein Stück zurückflogen, mit einer erneuten Kehrtwende, um das ganze über etwa 5 Minuten zu wiederholen.
5. Fall: Ein großes Objekt mit vielen einzelnen blauen Lichtern an der Unterseite, die den Eindruck eines Dreiecks erweckten. Erst durch die Terrassentür beobachtet, nach dem Raustreten war noch ein einzelnes, sich entfernendes, blaues Licht zu sehen.
Intention der Präsentation war keine Diskussion oder Bewertung der Sichtungen an sich, sondern das Aufzeigen der möglichen Komplexität eines Falles bzw. hier mehrerer Einzelfälle einer Zeugin und die Herausforderungen bzgl. der Datenerhebung. Positiv hervorgehoben werden kann die umfassende Datenerhebung zu den einzelnen Vorfällen, inkl. persönlicher Zeugenbefragung und Vorortuntersuchung ohne gleichzeitige Spekulationen über irgendwelche Zusammenhänge einzelner Vorfälle, insbesondere zwischen der Beobachtung der Leuchtkugeln und den späteren Vorfällen danach im Haus. Insofern auch ein gutes Beispiel für eine wertfreie unabhängige Darstellung mehrerer Beobachtungen, so dass sich diese auch separat diskutieren und beurteilen lassen, was m.E. hier auch angeraten scheint. Ansätze zur Diskussion sind durchaus vorhanden und es wird interessant sein, den Abschlussbericht samt der Recherchen zu lesen, wobei sich gerade zu den älteren Vorfällen sicherlich nur noch begrenzt recherchieren lässt. Schwer zu beurteilen sind vor allem die häuslichen Vorfälle, die so nichts mit einer UFO-Beobachtung zu tun haben und als einzelner Vorfall vermutlich gar nicht als UFO-Fall aktenkundig geworden wären. Interessant ist auch die Äußerung des Ehemannes, der zwar die UFO-Sichtungen an sich bestätigte, ansonsten aber kaum weitere Angaben machte und die Vorfälle auch nicht als wie auch immer außergewöhnlich interpretiert. Ungeachtet dessen ist dies dennoch ein gutes Beispiel für eine wertfreie Herangehensweise im Rahmen einer Fallermittlung, die auch die Bedeutung einer persönlichen Befragung und einer umfassende Datenerhebung, ohne den Vorgriff auf Spekulationen und Hypothesen, aufzeigt.
Aufgrund der Örtlichkeit der Beobachtungen (im Elsass) empfahl ich dem Untersucher die Kontaktaufnahme zur dort ansässigen UFO-Gruppe SPICA, deren Vertreter auch schon auf früheren Tagungen in Deutschland mit anwesend waren.
Der nachfolgende Vortrag thematisierte Pilotensichtungen und Nahbegegnungen, wobei Walter Andritzky (MUFON-CES) hier weniger auf einzelne Fälle einging, sondern mehr die Rahmenbedingungen darstellte, unter denen solche Beobachtungen gemacht, gemeldet und ausgewertet werden können. Er stellte das Potential an Beobachtungen im Luftraum anhand der Anzahl der Piloten und durchgeführten Flüge (42 Millionen Flüge weltweit 2017) dar, zeigt aber auch anhand von Foto- und Videobeispielen, dass die Beobachtungsperspektive aufgrund des begrenzten Blickwinkels aus einem Flugzeugcockpit durchaus eingeschränkt ist. Zudem läge die Aufmerksamkeit der Piloten während des Fluges größtenteils auf den Bordinstrumenten, lediglich bei Start und Landung läge der Fokus auf der Beobachtung nach vorne aus dem Flugzeug heraus. Im Rahmen der Flugsicherheit würden entsprechende "Ereignismeldungen" an zivile Meldestellen weitergegeben, wofür es auch diverse Regelungen gibt. Andritzky erwähnt hierzu auch diverse länderbezogene Systeme, die teilweise, wie das britische UK Airprox Board, die Meldungen für jedermann öffentlich einsehbar machen und auch Berichte dazu veröffentlichen. Daneben gibt es das spezielle "National Aviation Reporting Center on Anomalous Phenomena" (NARCAP) des amerikanischen UFO-Forschers Haines, dessen Studie von 2001 Andritzky erwähnt. Demnach haben damals von knapp 300 befragten Piloten 70 geantwortet und 16 davon hätten etwas gesehen, das sie nicht identifizieren können. Legt man diesen Anteil (16 von 70) an die 600.000 Berufspiloten um, hätten 138.000 eine Sichtung gemacht. Die Frage ist, ob die zugrundeliegende und sehr geringe Basis repräsentativ und statistisch aussagefähig und die Hochrechnung damit valide ist. Andritzky stellte dann noch das grundsätzliche Problem dar, als Außenstehender überhaupt an entsprechende Informationen aus diesem Kreis zu gelangen. Er selber konnte nur über Kontakte eine Onlinebefragung in XING an Piloten adressieren, um nach Beobachtungen und gemeldeten Vorfällen zu fragen.
Er erwähnte auch, dass Piloten keine besonderen Schulungen über natürliche Phänomene am Himmel bzw. astronomische Objekte erhielten, seitdem nicht mehr nach Sextant im Flugzeug geflogen wird.
Über Twitter erhielten wir im Nachgang den Hinweis, dass man bzgl. solcher Anfragen auch Frachtpiloten befragen könne, wie sie bspw. bei DHL und AeroLogic beschäftigt sind.
Zum Thema Pilotensichtungen und insbesondere der Frage der (besonderen) Zuverlässigkeit solcher Berichte und bzgl. Reports des erwähnten UK Airprox Board finden Sie weitere Informationen auf unserem Blog.
Im dritten Vortrag in diesem Block stellte Hans-Werner Peiniger (GEP) einige bislang ungeklärte und noch nicht veröffentlichte Fälle der vergangenen Jahre vor. Vorangestellt waren einige statistische Zahlen, wobei mir und Anderen der doch sehr hohe Anteil an Fällen auffiel, die noch keine abschließende Beurteilung erfahren haben, nämlich 43%, was bei 4358 Fällen insgesamt einen Anteil von 1851(!) Fällen ausmacht. Peiniger erläuterte dazu, dass zu diesen Fällen in der Regel bereits Recherchen gelaufen sind und es zu einem großen Teil auch solche mit naheliegender Erklärung seien, bspw. viele noch aus der früheren Sichtungswelle der Himmelslaternen (2007 - 2010) oder Fotofälle mit erkennbar unscharf aufgenommenen Vögel oder Insekten. Es würde insofern lediglich eine kurze abschließende Beurteilung in Form einer kurzen Zusammenfassung und Begründung der Klassifikation fehlen. Auf der anderen Seite werden ggf. noch notwendige Recherchen mit der Zeit natürlich immer schwerer, so dass interessante Fälle möglicherweise an Aussagekraft verlieren.
Unter den anschließend vorgestellten Sichtungen beschrieben einige Zeugen fliegende Dreiecke, in der Regel anhand von Lichtern oder Umrissen oder in einem Fall durch Verdecken der Sterne dahinter am Himmel. Ein Fall enthielt ein kurzes wackeliges Video durch eine Windschutzscheibe und ein einem handelt es sich um einen Radarfall. Aufmerksamkeit erregte ein Fall, bei dem ein Ehepaar ein Objekt mit seitlichen Flügeln und eine Art Cockpitfenster beobachtete. Das interessante dabei: Beide beobachteten und bestätigten zwar das Objekt, aber während der Mann zusätzlich angab drei "Wesen" im Inneren gesehen zu haben, gab die Frau an, nichts dergleichen gesehen zu haben. Der Mann beschrieb zudem noch, dass eines der Wesen eine Bewegung machte, was für ihn wie eine Bewegung hin zu einem Steuerpult aussah. Das Spannende daran ist die Frage, warum hier nur ein Zeuge derartige Details angab, während die andere Zeugin nichts dergleichen sah. Ich sehe das als Bestätigung der These, dass auch der jeweilige Beobachter immer Teil dessen ist, was am Ende als Beobachtung geschildert wird. Der Mensch ist demnach in seiner Wahrnehmung und Interpretation immer auch ein entscheidender Faktor und muss bei der Beurteilung mit einbezogen werden.
Zu den Dreieckssichtungen stellte Peiniger heraus, dass diese Auswahl zufällig geschah und keine Zusammenhänge implizieren soll. Bei genauerer Betrachtung zeigte sich auch, dass Dreieck nicht gleich Dreieck ist, in einem Fall wurde das Objekt mehr wie ein Rochen beschrieben. Gerade solche Dreiecks-Sichtungen sorgen auch immer wieder für kontroverse Diskussionen. Kritische Forscher, mich eingeschlossen, gehen durch die grundlegende Erscheinungsweise, Positionslichter mit manchmal noch zusätzlichem (roten) Blinklicht, als Erklärungsansatz bevorzugt von einer Fehlinterpretation eines herkömmlichen Fluggeräts aus, das rein optisch dann als Dreieck am Nachthimmel erscheint ("Anscheinsvermutung"). Die Diskussion dreht sich dann meist um Details, wenn bspw. ein Licht mehr pulsierend als blinkend oder eine zu erkennende Form, auch in Form einer Grauabstufung vor dem (dunklen) Hintergrund, beschrieben wird. Es stellt sich auch die Frage, neben der reinen Wahrnehmung, inwieweit das in Teilen interpretativ ist und hier das psychologische Phänomen der "Bahnung" (engl.: Priming) mit hineinspielt. In jedem Fall bieten auch diese Fälle genug Diskussionsstoff.
Auch wenn es bei den obigen Fallpräsentationen von Cincinnati und Peiniger nicht primär um die Durchführung der Fallermittlungen oder die Beurteilung der Fälle an sich ging, wäre eine Darstellung der durchgeführten Recherchen oder möglicher (alternativer) Erklärungshypothesen von Interesse gewesen. Gerade bei als ungeklärt dargestellten Sichtungen würde das für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit sorgen.
Nach der anschließenden Mittagspause ging es mit den Nachmittagsvorträgen und Jörg Kiefer (MUFON-CES) mit Informationen zu bekannten natürlichen und künstlichen Objekten im All sowie im Luftraum weiter, beginnend mit astronomischen Objekten, mit Planeten und Sternen, und selbst Sonne und Mond waren seiner Schilderung nach schon Ursache für Sichtungsmeldungen. Er erwähnte hier auch eine Pilotensichtung, die auf die Venus zurückzuführen war. Bei künstlichen Objekten ging es zuerst um Satelliten und die ISS und deren Erscheinungsweise, die optisch auch blinkend oder ruckartig erscheinen können. Er zeigte auch ein eigenes Foto dreier NOSS-Sateliten, die ihn aufgrund der Formation zuerst verwirrten. Bzgl. der Information zum Auftreten dieser Stimuli (Sterne, Planeten, Satelliten, ISS) verwies er auf diverse Apps. Zum Thema Flugzeuge stellte Kiefer diverse Möglichkeiten des Onlinetrackings über öffentlich zugängliche Webseiten vor, die zumindest den zivilen Flugverkehr abdecken, in der Regel solchen mit Transponderkennung, nur in begrenzter Form solchen ohne Kennung ("unbekannter Luftverkehr"). Anschließend brachte er noch Beispiele für Himmelslaternen und LED-Ballons. Abgerundet wurde der Vortrag durch eine Darstellung des Aufbaus des kontrollierten Luftraumes, also was wird von wem kontrolliert, und dazu auch Verbotszonen in denen bspw. keine Drohnen geflogen werden dürfen. Wie wir wissen, gibt es trotz dieser Einschränkungen und des Verbots für Himmelslaternen und das Fliegenlassen von LED-Ballons dennoch immer wieder Sichtungsmeldungen die darauf zurückzuführen sind. Zum Abschluss zeigte Kiefer noch ein Beispiel für einen seltsamen Radarplot mit einer vermeintlich sehr schnellen Objektspur über Süddeutschland, deren Ursache bislang unklar ist. Er erwähnte dazu noch mögliche Erklärungen technischer Natur und dass die verwendete Radartechnik hinsichtlich des auch gezeigten Höhenprofils fehleranfällig sei.
Zum Thema Radarplot gab es im Rahmen der späteren Podiumsdiskussion den wichtigen Hinweis, dass solche unklaren Radarplots, von denen es eine ganze Menge gibt, ohne eine zugehörige visuelle Bestätigung eben nur Radarplots und keine Objekte wären und damit keine besondere Aussagekraft haben.
Die Darstellung der Stimuli bot insgesamt einen guten Überblick, hätte man an der einen und anderen Stelle evtl. noch etwas weiter ausführen und bspw. auch atmosphärische Phänomene noch mit aufnehmen können, ebenso wie Hinweise auf bestehende Stimulikataloge im Netz, wie bei GEP, CAELESTIA, Méprises du Ciel oder des Arbeitskreis Meteore (zu diversen atmosphärischen Phänomenen). Auch hier auf ufoinfo.de finden Sie natürlich einen solchen umfassenden Stimulikatalog mit Beispielen, ferner versuchen wir in unserem monatlichen "UFO-Wetter" über jeweils auftretende, auffällige Stimuli hinzuweisen. Am Ende der "Wetterseite" finden Sie auch einige der im Vortrag genannten Tools als Informationsquelle. Wie wichtig eine entsprechende Aufklärung ist, zeigten Reaktionen aus dem Publikum, die bspw. über die LED-Ballons und deren Leuchteffekte überrascht waren oder nicht wussten, dass man die ISS mit bloßem Auge sehen kann.
Im letzten regulären Vortrag präsentierte Detlef Hoyer (GEP) "eine andere Interpretation aus dem Buch von Carl W. Feindt - Ufos and Water". Besagter Autor hat über mehrere Jahre hinweg zum jetzigen Stand über 1600 UFO-Sichtungen gesammelt, bei denen die Beobachtungen immer in Verbindung mit Wasser standen, also Objekte im oder über dem Wasser geschildert wurden. Solche Objekte werden oft auch als USO ("Unidentified Submarine Object" oder auch "Unidentified Submerged Object") bezeichnet. Ein existierender Fallkatalog mit solchen Objekten nennt sich folglich auch USOCAT. Aus diesen Sichtungsberichten hat er ein bestimmtes Muster aus fünf Gruppen identifiziert, wie angeblich exotische Flugobjekte das Wasser manipulieren bzw. darauf einwirken, bspw. durch das Hochziehen einer Wassersäule. Hoyer hat auf Basis dieses Buches bzw. der geschilderten Gruppen eine fünfdimensionale physikalische Theorie formuliert, auf deren Grundlage exotische Objekte in der Lage sein sollen, eine solche Manipulation des Wassers zu bewerkstelligen. Als Nichtphysiker konnte ich den recht formellastigen Ausführungen nur bedingt folgen. Insofern kann und will ich dies an dieser Stelle auch nicht weiter beurteilen. Meine Kritik richtet sich vielmehr an die zugrundeliegende Fallsammlung, die der Buchautor für seine Analysen herangezogen hat. Auf dessen Seite (waterufo.net) lassen sich die gesammelten Berichte (der erste aus dem Jahr 597) abrufen, zu denen auch jeweils die Quelle angegeben ist. Hier sieht man, dass die Berichte aus ganz unterschiedlichen Quellen zusammengetragen wurden: Zeitungen, (UFO-)Zeitschriften, (UFO-)Literatur, Fallsammlungen und Fallberichte diverser UFO-Gruppen. Hier drängt sich immer die Frage der Zuverlässigkeit auf und inwieweit die berichteten Sichtungen ausreichend reflektiert und recherchiert wurden, insbesondere wenn es sich nur um gesammelte Erzählungen handelt. Letztlich ist man auf das angewiesen, was die Verfasser solcher Berichte und Sammlungen publizieren. Die (natur-)wissenschaftliche Aussagekraft solcher Fallsammlungen halte ich doch für sehr begrenzt, zumal die Annahmen zur Beeinflussung von Wasser aufgrund der Berichte erst mal rein interpretativ sind.
Nach der letzten Kaffeepause ging es in den letzten Block in Form einer moderierten Diskussion zum Thema "72 Jahre UFO-Forschung - Erwartungen, Ergebnisse, Potenziale". Aus meiner Sicht mit der interessanteste Teil und Höhepunkt der Tagung. Grundlage waren zwei Beiträge der beiden UFO-Forscher Vicente-Juan Ballester Olmos (Spanien) und Thomas Eddie Bullard (USA) die gemeinsam unter dem Titel "The Nature of UFO Evidence: Two Views" erschienen und auf academia.edu abrufbar sind (Registrierung erforderlich). Beide sind anerkannte Forscher auf dem Gebiet, die sich seit Jahrzehnten mit der Thematik auseinandersetzen und mit ihren Beiträgen eine kritische Reflektion zum Stand der Forschung abgeben. Die deutsche Übersetzung erschien in den Ausgaben 234 und 235 des Journal für UFO-Forschung (JUFOF) der GEP unter dem Titel "Was über UFOs erwiesen ist". Ergänzend zu diesen Beiträgen haben André Kramer und Danny Ammon (beide GEP) jeweils einen der Beiträge in eigenen Statements reflektiert, die in den Ausgaben 240 und 242 des JUFOF erschienen sind. Die genannten Beiträge kann ich jedem an der Thematik Interessiertem empfehlen, unabhängig davon, inwieweit man die Thesen teilt. Der bekannte Autor Ulrich Magin hatte anlässlich des Erscheinens der Beiträge von Olmos und Bullard einen kleinen Beitrag für unseren Blog verfasst. Für den Einstieg in die Diskussion hielten Danny Ammon, André Kramer, Mirko Mojsilovic und Detlef Hoyer kurze Impulsvorträge, die die o.g. Beiträge stichwortartig reflektierten.
An dieser Stelle möchte ich aus den jeweiligen Statements die Kernthesen zitieren:
"Was über UFOs zu erforschen ist" Thesen von Olmos (Danny Ammon) | "Prämissen wirklicher UFO-Forschung" (Danny Ammon) |
Über UFOs i.e.S. haben wir wenig gelernt: - UFO-Sichtungsberichte und -wellen werden von Elementen der Popkultur und der ETH selbst beeinflusst (Mythos) - geheimes Wissen der Regierung(en) über UFOs existiert nicht - ungeklärte UFO-Fälle ergeben kein kongruentes unbekanntes Phänomen (UFOs i.e.S. sind mehrdeutig, uneinheitlich widersprüchlich) |
Verlassen von Sackgassen: - keine Erwartungshaltungen ("Disclosure", "Sie werden sich zeigen…") - keine Postulate unbekannter Intelligenzen - keine Messungen ohne visuelle Beobachtung |
UFO-Forschung zeigt seit über 70 Jahren keine Fortschritte: - Beweise, dass UFOs einen nichtirdischen Ursprung haben, existieren nicht - Sichtungsberichte vs. alltägliche Messungen sowie Überwachungen im Luftraum - in wissenschaftlichen Fachorganen werden keine Fälle publiziert, eher herkömmliche Erklärungsmodelle - weitere Erklärungsmodelle der UFO-Forschung sind reine Spekulation - Modelle mit Vorhersagen fehlen |
Vollständige Kooperation: - Fragebogen, Datenbank, Fallbarbeitung Professionelle Datensammlung und -aufbereitung: |
"72 Jahre UFO-Forschung - Und die Frage, warum die Erwartungen sich nicht erfüllt haben" (André Kramer) |
Ist-Zustand: - Tausende von UFO-Sichtungen wurden dokumentiert, viele von diesen auch eingehend untersucht - Viele spektakuläre Fälle entpuppten sich im Nachhinein als Fehlinterpretation oder Schwindel - Es bleibt noch immer ein gehöriger Rest ungeklärter Sichtungen mit anomalen Charakteristika - Theoriebildung bislang vornehmlich durch vorwissenschaftliche Hypothesen geprägt, die sich sowohl einer Überprüfbarkeit als auch einer Falsifizierbarkeit entziehen |
Was ist schief gelaufen: - Bereits von Beginn an falsche Erwartungen der Forscher an eine Selbstoffenbarung des Phänomens oder eine Offenbarung durch die Regierungen - Eine Methodenentwicklung für die Falluntersuchung setzte erst spät ein, hat sich nicht bei allen Laienforschern durchgesetzt und es fehlen übergreifende Standardisierungen - Ungeduld und Weltanschauung auf Seiten viele Forscher, Lieblingstheorien werden durch selektive Datenauswahl und Vorannahmen zu beweisen versucht - Durchhalteparolen statt kleiner Forschungsfragen und Entwicklung von Methoden, diese zu untersuchen |
Mirko Moisilovic (GEP) ergänzte diese Statements mit einem kurzen Beitrag, wie sich Interessierte zur aktiven Mitarbeit bewegen lassen könnten und stellte die UFO Szene als eine Art Subkultur mit einigen Eigenarten heraus, die berücksichtigt werden sollten. Detlef Hoyer kritisierte seinerseits einige der Statements und leitete anschließend in die zu erwartend kontroverse Diskussion über diese Thesen ein. Gab es einerseits Zustimmung, ggf. mit Einschränkungen, wurden die Thesen von Anderen kritisiert oder ganz abgelehnt. Hier zeigten sich dann auch die jeweils unterschiedlichen Ansichten zum Thema. In der Gegenargumentation wurde u.a. auf verschiedene vorliegende Sichtungsberichte, auch mit behaupteten Wechselwirkungen, oder eigene Entführungserlebnisse hingewiesen. Dazu gab es vom Podium einerseits den Hinweis auf fehlende bestätigende Messungen und technische oder medizinische Berichte und Diagnosen und andererseits auf das Problem der selektiven Datenauswahl in der Argumentation (s.o.). Ebenso kam aus dem Publikum die Anmerkung bzgl. des Menschen als zentralen Bestandteil in der UFO-Erfahrung und als "anthropologische Konstante".
Im Ergebnis gab es einen weitgehenden Konsens darüber, dass man in der weiteren Arbeit vorzugsweise an den "kleinen Forschungsfragen" und am eigenen Datenmaterial arbeiten müsse, anstatt bevorzugt an den "großen Lösungen", die allumfassende Theorien anbieten. Das soll auch in Form von Workshops geschehen, die evtl. im Rahmen einer Veranstaltung im kommenden Jahr stattfinden könnten.
Auch wir von ufoinfo.de teilen die obigen kritischen Statements und stimmen den jeweiligen Kollegen zu. Eine entsprechende Ausrichtung der Forschung können wir nur unterstützen. Anmerken möchte ich dazu, dass zumindest einzelne dieser kritischen Statements nicht völlig neu sind und gerade von kritischen Forschern schon vor Jahren in ähnlicher Form formuliert, jedoch damals nicht ausreichend reflektiert oder schlicht als Aussagen "uninformierter Skeptiker" abgetan wurden. Auch gab es 2011 einen damals leider nicht sehr erfolgreichen Workshop im kleineren Kreis, mit dem Titel "Quo Vadis UFO-Forschung" und einem Zitat von Allen Hendry als Leitsatz: "Sofern wir nicht drastisch neue Ideen und Methoden entwickeln, um die verwirrenden UFO-Fälle und die Menschen, die sie erleben, zu studieren, werden wir mit ansehen, wie die nächsten 30 Jahre der Erfassung von UFO-Meldungen lediglich die Zwecklosigkeit und Frustration der letzten 30 Jahre wiederspiegeln". Dieser bereits aus dem Jahr 1979 stammende Leitsatz ist nachwievor aktuell.
Unter dem Strich eine lohnenswerte Tagung mit interessanten und sachlich gehaltenen Vorträgen unterschiedlicher Sichtweise und insbesondere einer notwendigen Diskussion über die Zukunft und Ausrichtung der UFO-Forschung. Von den üblichen persönlichen Gesprächen am Rande ganz zu schweigen. Inhaltlich gesehen würde ich diese Tagung besser bewerten, als die vergangene. Positiv fand ich auch die blockweise Themengestaltung mit bewusst kurz gehaltenen Vortragszeiten (30 Minuten). Im Tagungsbeitrag waren diverse Getränke, Snacks sowie Suppe und belegte Brötchen zum Mittag enthalten, so dass das aus meiner Sicht von der Höhe her in Ordnung ging.
Bilderstrecke (Fotos: T.A. Günter, Jochen Ickinger):